Immer häufiger wird in den letzten Jahren bei Kindern
die Diagnose AD(H)S gestellt. Weitgehend einig ist man sich, dass es sich
um eine Reifestörung des kindlichen Gehirns handelt. Wie groß
der Einfluss von Traumata, Nahrungsmittelbestandteilen, Medikamenten, Impfungen,
Stress, umweltbedingten Belastungen, ungelösten seelischen Konflikten
im Familiensystem und Fehlern in der Erziehung ist, wird kontrovers diskutiert.
In jedem Fall profitieren Kinder von gesunden Lebensgewohnheiten, von zugewandten
Eltern, von klaren Strukturen und verlässlichen Regeln. Diese stützenden
Maßnahmen wirken aber nur lindernd auf die kindliche Verhaltensstörung.
Das zugrunde liegende Problem, die Reifestörung, wird dadurch nicht
gelöst.
Das häufig verordnete Ritalin® hat auf das aktuelle Geschehen einen entlastenden Effekt. Es entspannt zunächst die Situation in der Schule und in der Familie. Dieses Psychopharmakon gibt aber keine Anstöße zur Hirnreifung, ist nur begrenzt erfolgreich und mit so vielen schwerwiegenden Nebenwirkungen behaftet, dass viele Eltern und auch Therapeuten nach Alternativen suchen.
Schon seit Jahren beschäftigt sich die Homöopathie
mit Kindern, die unter AD(H)S leiden. Aus homöopathischer Sicht ist
das Problem AD(H)S eine „einseitige Krankheit“, eine „Körperkrankheit
mit primär psychisch-emotionaler Ausprägung“. Die Homöopathie
erkennt ein Ungleichgewicht im kindlichen Organismus. Dieses Ungleichgewicht
führt zu einer organischen Störung im Hirnstoffwechsel des Kindes,
welche sich unübersehbar in bestimmten Verhaltensweisen äußert.
Schon vor der Diagnose AD(H)S verweisen eine Reihe von Auffälligkeiten,
oft seit dem Säuglings- und Kleinkindalter auf die Krankheit, z.B.
Verzögerungen in der motorischen Entwicklung, veränderte Reflexmuster
und Störungen in der Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen.
Die homöopathischen Arzneimittel behandeln nicht nur die Symptome der psychischen Auffälligkeit, sondern beziehen sowohl die Defizite der Hirnreifung als auch individuelle Belastungen und Eigenheiten des Kindes mit ein. Der kindliche Organismus, das in der Entwicklung befindliche Gehirn, wird damit zur Korrektur seiner Störung angestoßen. Andere gesundheitliche Beeinträchtigungen werden ebenfalls verbessert.
Die homöopathische Behandlung hat sich als eine wirksame
Therapieform bei AD(H)S erwiesen. Sie ist eine anspruchsvolle Therapie.
Für den Therapeuten/die Therapeutin gehört das komplexe Krankheitsbild
AD(H)S zu einer der schwierigeren Aufgaben. Die Eltern sind aufgefordert
die Behandlung durch sorgfältige Beobachtung ihres Kindes zu unterstützen.
In der Regel dauert es drei bis vier Monate, bis das passende homöopathische
Mittel gefunden wird. Mit der Besserung der akuten Verhaltensstörung
ist die homöopathische Behandlung aber noch nicht abgeschlossen. Um
Rückfälle zu vermeiden, eine grundlegende und dauerhafte Regulation
des Organismus zu erzielen und die Hirnreifung nachzuholen, sollte das Kind
über einen längeren Zeitraum hinweg in der homöopathischen
Praxis vorstellig werden.
Unserer Erfahrung nach ist es empfehlenswert, die homöopathische Therapie mit einer ergotherapeutischen Behandlung auf neurophysiologischer Grundlage zu kombinieren, um so auf verschiedenen Ebenen anzusetzen und die Wirkung zu optimieren.
Anneli Strien, Birgit Pulz, 2007